Das grosse Pestizid-Problem
So schlecht steht es um das Schweizer Trinkwasser
Ist das Schweizer Wasser doch nicht so rein, wie bisher angenommen? Erst wurden im Grundwasser chemische Stoffe gemessen, nun fanden sich auch im Trinkwasser einiger Schweizer Gemeinden Pestizide – doch die werden in Untersuchungen nicht berücksichtigt.
Die Qualität des Trinkwassers in der Schweiz sei gut, berichten Kantonschemiker. Trotzdem lassen die Ergebnisse aufhorchen, denn: In über der Hälfte der rund 300 Trinkwasserproben wurden Pestizide und deren Abbaustoffe festgestellt.
Diese Pflanzenschutzmittel und ihre Abbauprodukte lagern sich im Boden ab und belasten Grund- und Trinkwasser noch über Jahre hinweg. Rund 170.000 Schweizer bekämen demnach verunreinigtes Hahnenwasser.
https://www.gmx.ch/magazine/gesundheit/voller-pestizide-schlecht-schweizer-trinkwasser-34030002
Viele Pestizidrückstände im Wasser werden gar nicht gemessen
Eine aktuelle Studie von Kantonschemikern spricht von rund 170’000 Menschen in der Schweiz, die ihr Trinkwasser aus verunreinigten Quellen beziehen. Diese Zahl umfasst alle Stoffe, die das Bundesamt für Veterinärwesen und Lebensmittelsicherheit (BLV) als «relevant» klassifiziert hat. Für diese gilt ein Grenzwert von 0,1 Mikrogramm pro Liter.
Das ist aber nur die halbe Wahrheit. In unserem Trinkwasser befinden sich weitaus mehr Abbauprodukte von Pestiziden – vom BLV als «nicht relevant» eingestuft und somit ohne Grenzwert. Diese Stoffe kommen im Wasser zum Teil sogar häufiger und konzentrierter vor als die «relevanten». Somit sind von Pestizid-Rückständen über 0,1 Mikrogramm pro Liter weitaus mehr Schweizer betroffen – rund 380’000 Menschen!
https://www.gmx.ch/magazine/gesundheit/voller-pestizide-schlecht-schweizer-trinkwasser-34030002
Hier ist das Schweizer Grundwasser am stärksten verschmutzt
Wie stark die Bauern das Grundwasser belasten, war bislang nicht vollumfänglich geklärt. Nun hat das Bafu den Zustand des Grundwassers flächendeckend untersucht.
An schweizweit
Am grössten ist die Belastung im Mittelland, das dicht besiedelt ist und von den Bauern intensiv bewirtschaftet wird. Auch Industrie- und Gewerbestandorte, die Siedlungsentwässerung und Verkehrsflächen setzen dem Grundwasser zu. Da sich dieses lange im Untergrund aufhält und dort künstliche Substanzen kaum abgebaut werden, wird es problematische Stoffe nur schwer wieder los.
Neben Wirkstoffen von Pflanzenschutzmitteln wurden auch Abbauprodukte davon nachgewiesen, sogenannte Metaboliten. Sie sind im Vergleich zu den Wirkstoffen mobiler und gleichzeitig langlebiger. Zudem treten sie häufiger, regelmässiger und auch in höheren Konzentrationen auf. An 265 und damit mehr als der Hälfte der Messstellen wurden Metaboliten festgestellt.
Für die Mehrheit der Metaboliten gibt es bisher keine Höchstwerte. Seit 2017 wurde aber für einige wenige Abbaustoffe wie bei den Pestizid-Wirkstoffen ein Grenzwert von
Laut dem Bafu sind solche Rückstände «potenziell kritisch» und müssen «verhindert beziehungsweise minimiert werden». Dort, wo sie über dem Grenzwert liegen, wurden in vielen Fällen die Herbizide Chloridazon und Metolachlor eingesetzt. Das sind Pflanzenschutzmittel, die im Rüben- und Maisanbau verwendet werden.
Das Bafu registrierte ausserdem eine zu hohe Konzentration von Nitrat. Es reichert sich im Boden an, weil die Schweizer Bauern mehr düngen, als die Pflanzen aufnehmen können, und sickert dann ins Grundwasser. An gut 15 bis 20 Prozent der Messstellen wurde mehr Nitrat nachgewiesen als erlaubt. In Ackerbaugebieten lagen die Werte zeitweise sogar an 40 Prozent der Stellen über dem Grenzwert. In 2 bis 4 Prozent der Fälle wurde jeweils auch der zulässige Höchstwert für Trinkwasser überschritten.
Grundwasser ist laut dem Bericht mit Abstand die bedeutendste Trinkwasserressource der Schweiz. Müssen sich die Schweizerinnen und Schweizer nun Sorgen machen? Noch nicht, sagt das Bafu. Einwandfreies Trinkwasser sei weiterhin «in genügender Menge» vorhanden. Allerdings werde die Qualität des Grundwassers «verbreitet und nachhaltig» beeinträchtigt. Die wichtigste Trinkwasserressource gerate deshalb «zunehmend unter Druck».
Einige Wasserfassungen wurden bereits vom Netz genommen
108 Wasserproben hat der Kanton Aargau untersucht, seit der Bund einen Grenzwert für den Giftstoff Chlorothalonil festgelegt hat. Zwei Proben seien mehr als das Zehnfache über dem neuen Grenzwert gelegen, präzisiert Alda Breitenmoser, Chefin des kantonalen Amts für Verbraucherschutz, eine Mitteilung vom Dienstag.
Man habe den Gemeinden empfohlen, die beiden Wasserfassungen sofort vom Netz zu nehmen. Es sei eine «zusätzliche Vorsichtsmassnahme, die über die Vorgaben des Bundes hinausgeht», sagt Breitenmoser.
Der Bund reagiert mit Zensur
Bundesrat Guy Parmelin übt Zensur. Aus Angst vor den bevorstehenden Initiativen zum Einsatz von Pestiziden bringt er ein ETH-Institut und seine Professoren zum Schweigen. Politiker sind empört.
Die Wasserexperten reden nicht lange um den heissen Brei herum. «Es besteht Handlungsbedarf!», steht ganz zu Beginn eines vierseitigen Faktenblatts der Eawag, des Wasserforschungsinstituts der ETH. Die Forschung zeige, dass der Einsatz von Pestiziden in der Landwirtschaft die Wasserqualität in der Schweiz gefährde. «Negative Effekte auf Fortpflanzung, Entwicklung und Gesundheit von Pflanzen, Tieren und Mikroorganismen müssen befürchtet werden.»
Diese Feststellung ist brisant – gerade angesichts der hängigen Volksinitiativen, die den Pestizideinsatz stark einschränken oder ganz verbieten wollen. Doch davon sollte die Öffentlichkeit nach dem Willen von Bundesrat Guy Parmelin (60) nichts erfahren.
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